Beim Betreten des Terminals des Paderborner Flughafens am Wochenende war für viele Besucher der erste Eindruck der Klang einer Airbus Master Caution. Denn Aerosoft hat dort an diesem Wochenende auf der FSConference das erste Mal den Airbus A340-600 für den MSFS in freier Wildbahn gezeigt. Und auch wir konnten den Flieger dort anfliegen.

Veteran in neuen Gefilden

Der Flieger ist dabei für X-Plane Piloten keine Neuheit, denn bekanntlich entwickelt Aerosoft das Flugzeug in Kooperation mit ToLiss, welcher in der Laminar-Welt schon lange ein Garant für superbe Add-Ons ist. Aber auf der anderen Seite ist der Entwickler für viele Simmer aus der MSFS-Welt bisher eine mehr oder weniger große Unbekannte gewesen, sodass hier bei den Besuchern der Messe sichtlich großes Interesse daran bestand, das Add-On einmal anzutesten. Dabei gab es durchaus von Besuchern, welche das Flugzeug bereits aus dem X-Plane kennen, positive Stimmen zu hören, dass die Portierung den Charakter des dortigen Flugzeugs auch in die MSFS-Welt übertragen kann.

Da ich diesen Sim und das entsprechende Add-On nie geflogen bin, kann ich dies selbst nicht beurteilen. Aber auch als reiner MSFS-Pilot war der erste Eindruck auf der Messe sehr positiv. Trotz der Tatsache, dass die Präsentation auf der Messe sehr einfach war, mit nur einem kleinen Bildschirm und den Thrustmaster Airbus Stick und Throttle. Für die Präsentation wurde der MSFS 2020 verwendet, da das Flugzeug primär noch für diesen Simulator entwickelt wird. Dabei soll es aber auch kompatibel mit dem MSFS 2024 sein und dort ohne Einschränkungen geflogen werden können. Aber apropos Einschränkungen, zu sehen gab es auf der FSConference nur die Innenansicht des Airbus Vierstrahler. Denn das Außenmodell ist laut Aerosoft derzeit noch in Entwicklung.

Und auch im Innenraum wird noch an einigen Stellen geschraubt, so sind zum Beispiel noch nicht alle Schalter vollständig implementiert. Aber das, was bereits zu sehen und benutzen gibt, überzeugt trotz allem. Das Modelling im Cockpit ist detailliert und wirkt von den Dimensionen sehr stimmig zu dem, was ich von einem Airbus erwartete. Und auch die Texturierung weiß an vielen Stellen mit ihren Details zu gefallen. Das Cockpit erhält durch diese einen sehr lebendigen Eindruck, welcher auch sichtbare Abnutzungserscheinungen zeigt, ohne dabei übertrieben ungepflegt zu wirken. Hier macht sich die Kooperation mit Atarium positiv bemerkbar, welcher ja bereits bei vielen anderen Add-Ons mit seinen Liveries für Begeisterung sorgt.

Airbus mit Tiefgang

Aber genug der optischen Eindrücke. Denn am Ende des Tages geht es ja vielen Simmern darum, ein möglichst realistisches Flugzeug zu fliegen, welches möglichst das komplette, tausende von Seiten umfassende FCOM, ohne Einschränkungen auf den heimischen PC bringt. Um dies zu demonstrieren, hatte Aerosoft für die Messe vier verschiedene Szenarien entworfen, welche das Flugzeug in Situationen zeigen, welche abseits des normalen Betriebsablaufs sind. So gab es zum Beispiel einen simulierten Triebwerksausfall jenseits von V1, welcher vom virtuellen Piloten dann korrekt abgearbeitet werden muss, um das Flugzeug sicher in die Luft zu bekommen.

Für meinen Testflug habe ich mich für einen doppelten Hydraulik-Ausfall im Anflug entschieden. Und bin dabei durchaus beeindruckt von der Weise, wie das Add-on diesen präsentiert. Dann es wird einem nicht nur das entsprechende, durchaus umfangreiche ECAM-Memo präsentiert, sondern auch die Folgen für das Flugzeug waren stimmig simuliert. Oder vielleicht besser gesagt, nicht sehr merklich simuliert. Denn wenn man das ECAM-Memo komplett abarbeitet und innerhalb der vorhandenen Einschränkungen bleibt, welche sich daraus ergeben, ist der Airbus auch in einer solchen Situation immer noch sehr gut fliegbar. Die fühlbarste Einschränkung ist dabei, dass das Flugzeug noch etwas träger wird als der Riesenvogel eh schon ist. Und dass man besser bei ATC nach der längsten Runway fragt. Denn ohne Umkehrschub und nur mit dem Bremsdruck aus dem Akkumulator braucht es schon ein bisschen Fingerspitzengefühl nach der Landung, um nicht über das andere Ende der Bahn hinauszuschießen.

Hier bin ich auch jeden Fall sehr gespannt, welche Möglichkeiten das Flugzeug noch für die Simulation von verschiedenen Fehlersituationen bietet. Denn laut Aussagen von X-Plane Piloten kann man in der dortigen Version fast endlos verschiedene Situationen simulieren. Eine Premiere für die MSFS-Welt ist dabei die Möglichkeit diese Situationen vorzubereiten, abzuspeichern und immer wieder gleichartig zu laden. Denn das System, welches für die Messe-Demos genutzt wurde, wird am Ende auch im heimischen Sim nutzbar sein und kann mit selbst erstellten Szenarien gefüttert werden.

Viel Potenzial, aber auch noch viel Arbeit

Am Ende bleibt auf jeden Fall der Eindruck eines Add-ons, welches auch in der MSFS-Welt das Potenzial hat, eines der besten Flugzeuge zu werden. Zu dem Eindruck gehört dabei aber auch, dass das Flugzeug aktuell an vielen Stellen noch unfertig ist. Sei es das fehlende Außenmodell oder die unvollständige Implementation an verschiedenen Stellen im Cockpit. Dies ist natürlich für einen Build, welcher primär für eine Messe-Demo gedacht ist, vollkommen verschmerzbar. Aber mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass der Flieger noch dieses Jahr erscheinen soll, bleibt doch ein größeres Fragezeichen zu dem aktuellen Zustand.

Denn ob die knapp vier Wochen, welche das Jahr effektiv ja noch hat, reichen, um all diese offenen Punkte zu beheben, kann ich ohne tieferen Einblick in die Entwicklung nicht beantworten. Ich würde vermuten, dass diese Aufgabe nicht unmöglich ist, aber hier auch die Gefahr besteht, die Qualität des Produktes der Timeline zu opfern. Dies sollte hier aber auf jeden Fall vermieden werden, denn dies hat das Add-on nach dem ersten Eindruck definitiv nicht verdient. Also hier mein kleiner Aufruf an Aerosoft. Nehmt euch die Zeit, die das Flugzeug braucht, um zu einem runden Release zu kommen. Wenn das ein paar Wochen nach hinten rutscht, ins neue Jahr ist dabei nicht wild, sondern steigert nur die Vorfreude.