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Schnell ging es: Noch vor offiziellem Verkaufsstart des MSFS am 18. August 2020 stellten die australischen Entwickler ihre ersten Szenerien für den neuen Simulator vor. Neben dem Zeitpunkt überraschte dabei auch die Preisgestaltung der Orbx-Produkte: Mit 12,84€ ist die MSFS-Version von London City gegenüber der Prepar3D-Version fast 8€ günstiger und kostet für alle Bestandskunden der Szenerie sogar nur gut 8€. Eine Preispolitik, die sich auch bei anderen Entwicklern widerspiegelt und mit der Erwartung einer wachsenden Nachfrage durch MSFS begründet wird. Doch kann London City neben der erfreulichen Preisgestaltung auch qualitativ punkten? Wie präsentiert sich eine Addon-Szenerie im neuen Microsoft Simulator und wie verhält es sich mit der Performance?

Keine einfache Fragestellung in Anbetracht der wenigen Erfahrung, die wir mit der neuen Plattform haben. Um ehrlich zu sein, ist es mir immens schwer gefallen eine fundierte Rezension über den bekannten Flughafen auf unbekanntem Terrain zu verfassen. Selbst dem Entwicklerteam bereitet die Einschätzung in neuer Umgebung anscheinend Schwierigkeiten. So wirkt es zumindest aufgrund der etwas nüchterne Produktbeschreibung im Onlineshop von Orbx:

  • PBR representation of London City Airport and surrounds
  • HD textures throughout
  • Detailed groundpoly
  • Includes the Excel building and the Tate & Lyle Sugar factory
  • PBR static aircraft models
  • Works with Landmarks London City Pack

Im Vergleich zur Prepar3D-Variante werden hier weitaus weniger Superlative verwendet und HD Texturen, sowie detaillierte Bodendarstellungen sollten bei einer zeitgemäßen Umsetzung aus namhaften Haus Standard sein. Mit welchen Argumenten London City von Orbx also wirklich punkten kann, lässt sich am besten direkt im Simulator herausfinden.

Londons Stadtflughafen

Anders als die meisten stadtnahe Flughäfen, blickt London City Airport auf eine vergleichsweise junge Geschichte zurück. Er war niemals Hauptflughafen der englischen Metropole und erfüllte zu keiner Zeit eine Drehkreuzfunktion. Vielmehr war er in den 80er Jahren des vergangen Jahrhunderts ein Baustein der Stadtentwicklung Londons. Er liegt inmitten der modernen Docklands, dem ehemaligen Hafenbereich der Hauptstadt und ist durch seine Nähe zum Bankenviertel und die direkte Anbindung an die Innenstadt besonders als Anlaufpunkt für Geschäfts- und Privatfliegerei beliebt.

Die exponierte Lage inmitten der dicht bebauten Großstadt stellt allerdings auch besondere betriebliche Anforderungen an den Flughafen. So wird der Anflug auf Bahn 27 aus Lärmschutzgründen nicht mit einem gewohnten 3,5° Gleitpfad durchgeführt, sondern erfordert mit 5,5° einen ungewöhnlich steilen Endanflug. Airbus A318 und Airbus A220, die schwersten zugelassenen Flugzeuge auf dem Stadtflughafen, benötigen gar eine spezielle Konfiguration, die es ermöglicht den Anflug mit ausgefahrenen Störklappen durchzuführen. Ohne die Wirkung der Speedbrakes könnte aufgrund der hohen Sinkrate nicht die notwendige, niedrige Geschwindigkeit für die 1.500 Meter kurze Landebahn gewährlistet werden.

Während das Kerngeschäft des Flughafens aus Business- und Regionalflügen besteht, führte British Airways bis zur Schwächung der Luftfahrtbranche durch das Corona-Virus mit zwei A318 einen täglichen Transantlatik-Service nach New York durch. Die Flugzeuge waren ausschließlich mit Business-Class Plätzen ausgestattet und landeten auf dem Hinweg zur Betankung in Shannon, wo auch bereits die Einreisekontrolle für die Vereinigten Staaten stattfand. Von dort aus verkehrte der Flug als amerikanischer Inlandsflug und war eine beliebte Option für Geschäftsleute. Mit den Flugnummern BA1 und BA2 waren die Flüge die Nachfolger des Concorde-Services zwischen den beiden Metropolen. Daneben gibt es diverse weitere Linienverbindungen auf das europäische Festland. Swiss kommt aus Zürich und Genf, früher mit Jumbolino, mittlerweise mit C-Series, Lufthansa bedient Frankfurt und Alitatlia Mailand. Platzhirsch British Airways bietet Flüge zu diversen europäischen Großstädten an. Grundsätzlich ist also viel los auf dem engen Vorfeld inmitten deer Docklands.

Viel Trubel auf wenig Raum

Die Orbx-Szenerie des kleinen Flughafens im Microsoft Flight Simulator besticht neben der authentischen Umsetzung von Gelände und Gebäuden in erster Linie durch eine detaillierte Darstellung des Vorfelds. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Bodenfahrzeuge, die an Parkpositionen, auf Parkplätzen, unter dem Terminal und in Randbereichen verteilt sind. Darüber hinaus füllen statisch Flugzeugmodelle das Vorfeld. Schade, dass hier keine Treppen oder sonstiges Abfertigungsgerät integriert wurde. Die Szenerie würde dadurch noch mehr an Leben eingehaucht werden. Trotzdem – sowohl Flugzeuge, als auch Fahrzeuge sind sehr detailliert modelliert und sind in verschiedenen Varianten vorhanden. Somit wirken die Bereiche sehr individuell.

Auch die Gebäudemodelle können durchweg überzeugen. Sie wirken plastisch und komplex, verfügen über kleine Details und sind passend texturiert. Auch andere Objekte wie die Trainingseinrichtung der Feuerwehr, abgelegte Rohre und Begrenzungszäune sind akkurat modelliert worden. Einen besonderen Hingucker wert: die Hebebühnen und Steiger im Anflugbereich der Bahn 09. Ihre feingliedrige und kleinteilige Hebemechanik ist durchweg plastisch umgesetzt worden. Leider gibt es keine transparenten Glasfronten am Terminal, sodass man hier auf eine einfache, zweidimensionale Textur blickt.

Auf den Grund gegangen

Vor dem Start lohnt sich in London City auch ein Blick auf den Boden: Die Auswahl an Farben und Sättigungen wirkt überzeugend. Besonders die Rasenflächen sind dank verschiedener Muster und Grüntönen ungemein authentisch und auch Rollwege bzw. Vorfeld machen mit moderaten Verschmutzungen und PBR-Effekten einen guten Eindruck. Details wie die grünen Fußgängerwege am Terminal vervollständigen das Gesamtbild.

Auf der Landebahn fehlt es aus meiner Sicht allerdings an groben Verschmutzungen, besonders im Bereich der Aufsetzzone. Zwar ist bei genauerem Hinsehen durchaus etwas Dreck zu erkennen, von mir aus hätte es hier aber gern mehr sein dürfen. An gewissen Stellen wirken die Markierungen des Flughafens etwas grob aufgelöst, im großen Zusammenhang kann die Szenerie jedoch überzeugen. Die abwechslungsreiche Grasstextur, passende Kontraste und gute Übergänge zwischen Betriebs- und Grünflächen sorgen für eine nachvollziehbare Gesamtwirkung. Auch die Wassermaske um den Flughafen herum wurde überarbeitet und wirkt im Gegensatz zur Standardszenerie deutlich harmonischer und realistischer.

Fehlt es am letzte Detail?

Über einen stimmigen Gesamteindruck hinaus offenbaren sich auf den zweiten Blick allerdings auch Schwachstellen der Szenerie. Während genau vor dem Bahnhof der Dockland Light Rail, mitten auf der Trasse zwei unpassende Hochhäuser stehen, fehlt es an andere Stelle an zusätzlichen Gebäuden. Sowohl auf der Rückseite des Terminals, als auch im Anflugbereich auf die Bahn 27 liegt ein unretuschiertes, flaches Satellitenbild mit zahlreichen Gebäuden, Fahrzeugen und Objekten, die allerdings keinerlei dreidimensionale Darstellung aufweisen.  Auf der Terminalrückseite vernachlässigbar, hätte ich mir aber zumindest im Anflugbereich gewünscht, dass der vollgestellte, vielgenutzt wirkende Parkplatz plastischer dargestellt worden wäre. Auch die Brücke an dieser Stelle hätte ein individuelles Modell vertragen können.

Weitere kleine Ungereimtheiten finden sich am Übergang von Wasser und Flughafengelände, wo bei genauem Hinsehen kleine Wasserhügel zu erkennen sind, und an der Position der statischen Luxair Q400, die mit großen Runway-Edge-Lights anstelle von in den Boden eingelassenen Taxiway-Lights ausgestattet ist.

Ein Flughafen in Cold and Dark

Zwar gibt es für MSFS noch keine Jahreszeiten, dafür aber eine Schneetextur bei entsprechendem Wetter. Auch die Orbx-Szenerie verfügt über eine entsprechende Darstellung. Sowohl Vorfeld, als auch Grünflächen sind bei Winterwetter von schneebedeckt. Einzig und allein die Start- und Landebahn ist blitz-blank und weißt keinerlei Spuren des kalten Niederschlags auf.

Nachts wird der Flughafen vorbildgerecht ausgeleuchtet. Anflug- und Rollwegbefeuerung sind in überzeugenden Farben und authentisch wirkender Intensität umgesetzt. Schön: Die verschiedenen Vorfeldbereiche sind mit unterschiedlichen Lichtfarben dargestellt. Das wirkt sehr individuell und gibt der gesamten Szenerie einen realistischen Charme. Teilweise wirkt das Licht unmittelbar am Terminal aus meiner Sicht ein wenig künstlich, da ich es keiner eindeutigen Lichtquelle zuordnen kann. Außerdem machen sich des nachts die einfachen Fenstertexturen bemerkbar, die keine plastische Terminalatmosphäre erzeugen können.

Das Zusammenspiel mit London Landmarks

Da beide Produkte aus gleichem Haus stammen sollte es eigentlich selbstverständlich sein: London City ist hundertprozentig kompatibel mit London Landmarks. Die zusätzliche Szenerie bringt eine umfangreiche Überarbeitung der gesamten Kernstadt inklusive diverser Attraktionen und Points of Interests. Die detaillierten Gebäudemodelle und individuelle Brücken entlang der Themse lassen London im MSFS aufleben und laden zum Rundflug ein. Leider sind an den Flußufern viele fotorealistische Rückstände von Anlegern, Schiffen und Docks zu erkennen, die, wie schon in Flughafennähe, nicht mit plastischen Objekten asugestattet wurden. Während des An- und Abflugs auf den Stadtflughafen ist dieses Detail jedoch sicher zu vernachlässigen.

MSFS und Addon-Szenerien

Microsofts neuer Flugsimulator kommt mit einer nie dagewesenen Standardausstattung: Landschaft und Städte sind umfangreich und überzeugend dargestellt, Flughäfen verfügen mit dynamischem Bodenverkehr und Abfertigungsservice nicht nur über umfangreiche Features, sondern sind größtenteils auch nach aktuellem Ausbaustand modelliert. Terminals sind keine grauen Würfel mehr, sondern orientieren sich an Form und Ausmaßen des Vorbilds. Braucht es da noch die Szenerien der Drittentwickler?

Ja – ist die klare Antwort auf diese Frage. Allerdings ist an dieser Stelle zu differenzieren: Derzeit bringen Flughafenszenerien von Drittanbietern kaum zusätzliche Funktionen. Dynamischer Verkehr, Fluggastbrücken, Navigationseinrichtungen und Bodenabfertigung sind als Standardfunktionen in die Szenerie implementiert. Zusätzliche bzw. verbesserte Features gibt es (mit wenigen Ausnahmen) derzeit nicht. Für den reinen Flugbetrieb hat die Szenerie eines Drittanbieters also keinerlei Mehrwert. Sie dient einzig der visuellen Aufwertung eines Flughafens. Trotz der herausragenden visuellen Aufmachung des MSFS ist das jedoch auch nach wie vor notwendig: Nur individuelle und handerstellte Szenerien vermögen den Charme, das Flair und die Authenzität eines Flughafens im Simulator abzubilden. So auch an dieser Stelle: London City von Orbx lässt den Flughafen gegenüber der Standardszenerie aufblühen und haucht den Docklands Leben ein.

Der Performance-Test

Und wie steht es mit der Ablaufgeschwindigkeit? Da es an Erfahrungen und Vergleichen fehlt, habe ich London City ganz einfach mit einem Standardszenario bei gleichem Wetter und gleichem Flugzeugtyp getestet. Meine Einstellungen waren dabei auf Ultra gesetzt:

  • City Airport (Standard), London (Standard): 43 fps
  • City Airport (Orbx), London (Standard): 38 fps
  • City Airport (Orbx), London (Orbx): 34 fps

Gegenüber der Standardszenerie verzeichne ich mit London City von Orbx also etwa 11% Performanceverlust. Ist die Stadt zusätzlich installiert sind es ca. 21%. Limitierender Faktor in meinem Fall ist stets die Grafikkarte. Setze ich die Einstellungen um eine Stufe auf High herab, läuft das Szenario mitsamt beider Orbx-Addons stabil mit 45 fps.

London City - Einen Ausflug wert?

EGLC London City Airport

Die Szenerie gibt es für 12,84 € bei OrbxDirect.
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2 Kommentare
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Udo
Udo
4 Jahre zuvor

Ich hatte schon lange auf ein Review von London City Airport gehofft, allerdings hätte ich mich über ein kurzes Statement zur Sloped Runway gefreut. Danke für den Test

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