Ihr liebt Flugsimulation.
Wir berichten darüber.

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Wer dachte, dass Briefmarkensammler und Kleintierzüchtervereinsvorstände den Lead bei maßloser Spießigkeit und Neid haben, dem muss man die Freeware-FS-Szene ans Herz liegen. Denn der aktuelle Fall um FLAi zeigt wieder mal wieder: L’Add-on c’est moi!

Ich muss schon sagen: Gerade bei Freeware gibt es dort draußen in der FS-Szene eine Art des Protektionismus, wie man ihn sonst nur von frisch gebackenen Elefanten-Müttern oder großen, echten Marken kennt. Wow! Wer denkt, dass frei entwickelte, digitale Ware, die ohne geldwerten Vorteil feilgeboten wird, auch wirkliche Freiheit in der Nutzung bedeutet, der sei eines Besseren belehrt.

Wovon ich fasele? Erst einmal von AI-Modellen. Wobei das I in der aktuellen Situation böse gesagt vielleicht nur die Modelle und nicht die involvierten Personen beschreibt.

Doch eins nach dem anderen.

Wer auf VATSIM gerne online Pilot spielen will, der möchte dort natürlich auch Mitspielerinnen und Mitspieler entdecken. Am Gate, in der Luft, auf der Graspiste. Damit auch der Realismus-Fetisch des gemeinen Simmers bedient wird und man die Flusi-Freunde auch in der 233. Retro-Variante eines A321 identifizieren kann, muss dem Simulator eine nicht gerade kleine Datenbank an Flugzeugmodellen samt Anstrich zur Verfügung gestellt werden. Grob zusammengefasst.

One-Click-Experience

Es gibt mehrere Quellen, dem Sim vollgepackte Ordner mit AI-Registern zu verpassen. Entweder nutzt man die Modelle aus kostenpflichtigen Traffic-Add-Ons; oder man greift auf das kostenlose Material von Freeware zurück. Bei IVAO sind es die MTL (Multiplayer Traffic Library), für VATSIM war dies bis vorgestern die Freeware von FLAi (Fly AI). Ein großes Datenpaket mit unterschiedlichen Flugzeugmodellen mannigfaltiger Couleur, die man sich mit One-Click-Experience aus dem Internet saugen konnte.

Im Paket versteckt: Die Modelle und Liveries (FS-Sprech für Bemalung) der sogenannten Alpha India Group (AIG) – ein Kollektiv, das sich unter dem NATO-gekürzelten Namen als Ersteller von künstlichem Flugverkehr für diverse Simulationsplattformen zusammengetan hat.

Männlich geprägtes Business

Bei AIG gibt es fast alles. Wer seine Lieblingsairline aus dem südsibirischen Hinterland sucht, wird sie finden. Und bekommt auch Dateien, die die südsibirische Airline in Südsibirien aus Südsibirien herausfliegen und nach Südsibirien zurückfliegen lässt. Ein Resultat von vielen man hours und man power, wie man in unserem männlich geprägten Business sicher sagen würde.

Solche südsibirischen Airlines fanden sich auch im Paket von FLAi. Ohne Probleme, viel genutzt, Friede Freude Eierkuchen. Doch einmal mehr sorgt der neue Microsoft Flight Simulator jetzt wieder für geweitete Hauptschlagadern auf der Stirn diverser Flusi-Individuen.

Eine Truppe um Sofie Grozovski macht(e) sich gerade daran das FLAi-Paket unter dem vielversprechenden Tellingname FSLiveTraffic in den neuen Microsoft Fight Simulator zu transferieren. Ein Trailer-Video wurde geschaltet, der Hype und die Vorfreude unter anderem im Hausforum des Flight Simulators angefacht.

90 Prozent von Dritten

FLAi war dabei natürlich im Austausch, hatte die Erlaubnis gegeben, ihr Paket für den Flight Simulator weiterzuentwickeln. Logisch, dass so was in der heutigen Flusiwelt mal wieder nicht ohne Mistgabeln und Fackel-Mob, der brandschatzend durchs Internet zieht, zu klären ist. Denn, so erklärt es FLAi zusammenfassend ohne Name-Dropping: 90 Prozent der Bemalungen, die sich im FLAi-Paket befinden, stammen von Dritten, die wohl wenige Böcke haben, ihr Material im FSLiveTraffic verwertet zu sehen.

Was folgt: Ein Kuddelmuddel hinter den Kulissen und der indirekte Vorwurf der Urheberrechtsverletzung. FSLiveTraffic hatten in ihrem Trailer-Video (wurde natürlich schon wieder entfernt) AIG-Modelle des FLAi-Pakets gezeigt, deren Verwendungsrecht sie nicht explizit von der AIG besaßen. Ja. Einen Download hatten sie noch gar nicht angeboten. Soweit sind noch nicht. Ein Video reichte. Besser gesagt: Was AIG gekocht und FLAi aufgetischt hatte, hat FSLiveTraffic öffentlich verzehrt.

Natürlich muss jeder das Recht haben, sein (geistiges) Eigentum zu schützen. Denn wenn wohl zu viel Bürokratie und die Angst vor Steuern einen Entwickler hindern, dass die eigene Arbeit gegen Bezahlung den Besitzer wechselt, dann ist Anerkennung die letzte harte Währung, die einem Designer (von AI-Traffic-Modellen) wohl bleibt.

Im Falle von AIG daher völlig verständlich, dass sie Ihre Arbeit nicht von FLAi verscherbelt sehen wollen. Doch was jetzt passiert ist, schadet der Szene mal wieder mehr anstatt sie zu bereichern. FSLiveTraffic hat sofort angekündigt, ohne AIG-Modelle weiterzumachen. Und FLAi ist gleich einen Schritt weitergegangen. Aus die Maus, Ende Gelände. Wer nicht eh schon die FLAi-Modelle auf dem Rechner hat, wird sie auch in Zukunft nicht mehr bekommen. Denn FLAi ist ab sofort Geschichte. Die AIG gibt es natürlich immer noch. Samt allen Assets. Hier muss sich die Szene jetzt an einen neuen Weg gewöhnen. Der One-Click-Installer wird allerdings vorerst Geschichte sein.

Auge auskratzen statt Auge zudrücken

Man merkt nicht nur an diesem Fall wieder, wie stark geformt die Egos einzelner Individuen zu sein scheine. Auge zudrücken ist weniger salonfähig als Auge auskratzen. Speziell in der Freeware-Szene. Wer Freeware anbietet, sollte es gerne tun. Und nicht wütend werden, wenn Dritte aus etwas Wunderbarem etwas anderes Wunderbares machen. Denn davon profitiert doch die gesamte Szene?! Aber in einer Welt, in der man nur gönnen will, wenn auch alle wissen, was für ein toller Freeware-Gönner man ist – da wird es schwer. Im Falle AIG lässt sich übrigens gar nicht so schnell rausfinden, welche Gönner sich in der Truppe scharen.  

Wie auch immer, die Causa FLAi ist kein Einzelfall. Es gibt in der Freeware-Szene auch Entwickler, die Kollegen auch mal per Gerichtsvollzieher untersagen, 3-D Objekte zu benutzen. Dann gibt es die, dich sich daher mehr und mehr zurückziehen. Und dann gibt es die, die ihre Ware wild kopiert im Internet finden und daher berechtigterweise gar keine Lust mehr haben, etwas zu entwickeln.

Daher, liebe Freeware-Entwickler, mein kleiner, naiver Wunsch:

Schreibt euch nicht. Ruft euch an, redet miteinander! Foren, Discord und Co. sind zwar toll zum Kommunizieren, gaukeln Community aber oft nur vor, anstatt wirklich eine zu sein. Gerade im Falle FLAi vs. AIG vs. FSLiveTraffic hätte es wahrscheinlich gereicht, wenn sich alle drei Parteien am Anfang in einem Zoom- oder Skype- oder Teams-Call einfach ausgetauscht hätten. Mit Webcam. Person zu Person. Nicht Foren-Nickname A mit Foren-Nickname B. Dann hätte man viele Dinge direkt besprechen und Missverständnisse verhindern können.

Bei Freeware können monetäre Hintergründe wohl nicht die Motivation beim Design, Basteln und Erstellen sein. Warum das eigene Werk dann aber trotzdem mit aller Gewalt verteidigt wird, bleibt fraglich. Sogar so weit, dass man die Arbeit anderer zerstören muss, um die eigene Urheberschaft zu betonen. Damit die Szene weiß, man ist der geilste? Recht durchsetzen und recht haben scheint oft beliebter, als die FS-Szene zu bereichern.

Mit dieser unpopulären und sicher kontroversen Meinung bleibt daher wohl nur zu sagen:

Auch bei Freeware ist nichts kostenlos. Aber vieles umsonst.

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11 Kommentare
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MathiasA330
MathiasA330
3 Jahre zuvor

Klasse Artikel, super Arbeit, dem ist nichts hinzuzufügen

ChrisS
ChrisS
3 Jahre zuvor

Wahre Worte, danke!

simmershome
simmershome
3 Jahre zuvor

Zuerst fühle ich gerade, dass Cruiselevel die Idee mit der Glosse von meiner Webseite geklaut hat. Nur dort findet man diesen antiquierten Namen noch. Also macht euch frisch, der Gerichtsvollzieher ist schon in der Spur??
Zudem hat euer Logo Ähnlichkeit wie meinem 2019 offiziell gekauften Silversterböllern. Das wird noch geprüft??

Ich gehöre zu denjenigen die sich einfach zurückziehen aus diesem Irrenhaus der Eitelkeiten. Da kann ich viel mehr in Ruhe entwickeln oder auch Pause machen.

Und im neuen MSFS ist man sowieso damit beschäftigt erst mal jedes Asset zu prüfen, weil einfach alles angezeigt ( auch Payware etc) wird, was einem nicht gehört und ein falsche Klick reicht als der böse Dieb dazustehen. Die Zahl derer die darauf lauern scheint kontinuierlich zu wachsen.

Ich weiß , gleich habe ich ein paar Freunde weniger. Aber die Freewareszene hat eine Gemeinsamkeit mit der Hackerszene. Es ist nicht wichtig was Du macht. Es ist wichtig, dass Du der erste bist. Neuerdings sowieso. Sofern Du was gescheites machst und trotzdem der erste bist, verlierst Du schnell mal paar Freunde. Macht aber nichts, das waren dann sowieso keine.

Also kein Witz oder doch , mir wurden im Zusammenhang mit AI schon Urkunden von Verstorbenen vorgelegt, so richtig mit Siegel wie man es in jedem Spielwarengeschäft zu kaufen bekommt , die nachwiesen, dass die Rechte übergegangen sind.

Ich habe das bereits in meinem Testament geregelt. Mein virtuelle Nachlass muss bitweise gezählt werden und kommt mit in die Urne.

In dem Sinne , und bitte nicht übersehen, ich antworte auf ein GLOSSE

Markus
Markus
3 Jahre zuvor
Antwort auf  simmershome

Wobei ich mich auch schon gefragt habe, wofür Simmershome meine Daten braucht beim Download von Freeware.
Aber wofür auch immer, der Ton war immer freundlich, anders als der Freeware Entwickler von EDDS im Msfs.
Kritik hagelt es allerdings auch direkt im offiziellen Forum.

Worauf ich hinaus will… wie der Umgang in der Vergangenheit in der Freewareszene war, weiß ich nicht, aber der Ton im gesamten Netz wird rauer, je mehr Leute sich dort aufhalten.
Der Wunsch von einer Community, die zusammenhält, ist reine Utopie.
Die Idee mit Skype in der Glosse trifft es sogar noch ganz gut. Je anonymer die Umgebung, desto egozentrischer geht es zu.
Es ist schade, aber da es zunehmend beobachtet werden kann, ist es wohl menschlich.
Und ganz ehrlich, komplett freisprechen davon kann sich wohl niemand.
Hier ist es halt anonym in der Öffentlichkeit.

simmershome
simmershome
3 Jahre zuvor
Antwort auf  Markus

„Wobei ich mich auch schon gefragt habe, wofür Simmershome meine Daten braucht beim Download von Freeware.“
Schon öfter beantwortet aber gerne wiederholt. ICH brauche die gar nicht. Aber da ich mich gesetzlich im Internet voll zu erkennen geben muss, möchte ich auch wissen, wem ich etwas schenke. Hinzu kommt ne Lizenz, die nicht anonym funktioniert. Und ein schöner, fast unbezahlbarer Nebeneffekt ist, dass es sämtliche Ungeister abhält. Jedenfalls gab es in meinem Forum noch nie wirklichen Zoff und alle bewegen sich wie im realen Leben auch mich eingeschlossen.?

Roman
Roman
3 Jahre zuvor
Antwort auf  simmershome

Ja, Rainer, vielleicht hast du damit wieder weniger „Freunde“, aber ich erlebe diesen Begriff im Internet (Facebook & Co. lassen grüssen) als so inflationär, dass man eigentlich schon bald einen neuen Begriff für wirkliche Freunde finden müsste.

Marlon
Marlon
3 Jahre zuvor

FSPX-AI (Entwickler von AI-Modellen) hat in einem kurzen Statement eigentlich alles richtig gemacht:

„I’m going to make my freeware „B788/789, A359, MD11″ to full open to every activities in FSX/P3D and FS2020 community.“

Full open means as literally. Anyone can use these 3 models as he want, self-editing, customizing, and even including freeware/pay ware packages are allowed without permission. Everyone please use these freeware models as you like.“

Wie einfach es doch sein kann, wenn man bei Freeware wirklich nur die Community im Sinn hat.

Thomas
Thomas
3 Jahre zuvor
Antwort auf  Marlon

Die Meldung habe ich auch gesehen, war aber noch vor dem Spektakel. Die Geste erscheint nun in einem anderen Licht, macht sie aber nicht weniger stark.

Alexander Marx
Alexander Marx
3 Jahre zuvor

Würde mir so wünschen, dass Entwickler das beherzigen.

David
David
3 Jahre zuvor

Na bei dem Zoom-Call von Rainer und CB wäre ich dann allerdings gerne als Mäuschen dabei 🙂

simmershome
simmershome
3 Jahre zuvor
Antwort auf  David

Da findet nichts statt, wo man dabei sein kann, nicht mal ich.

Ich habe mich weitgehend zurück gezogen. Es reicht, wenn ich mich hier äußere (falls es passt) und wenn ich Blödsinn lese, habe ich ne Webseite auf der ich meine Meinung dazu recht wirksam publizieren kann.

Ansonsten ist ganz allgemein dieses Durchkauen von rechtlichen Dingen im Internet heiße und vor allem unnötige Luftverschwendung. Gemeint sind die Beteiligten, nicht etwaige Berichterstatter. Recht gesprochen wird in der zivilisierten Welt von Gerichten und nur dann weiß man , wer wirklich was darf und was nicht. Noch einfacher ist es erst mal per Mail Kontakt zum Anderen aufzunehmen.

Viele Dinge, für die im Netz Rechte lautstark in Anspruch genommen werden, sind aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mal schutzwürdig. Und wenn von mir einer was nimmt, bitte gerne, wenn er was eigenes neues daraus macht ( und nicht einfach nur wie derzeit an anderer Stelle üblich Google Content vergewaltigt), nichts davon verkauft und die Quelle erwähnt, soll es mir recht sein. Geregelt ist das so ganz offiziell schon lange und nachzulesen in meinem Forum.

Und nochmal zum AI. Den Wert der ganzen Sache ziehen alle die Freeware AI bauen daraus, dass sie Namen und Logos und Flugpläne realer Airlines verwenden. Zumindest die ersten beiden Dinge sind geschützt. Ohne die würde sich kein Mensch dafür wirklich interessieren. Und da kenne ich keinen , der jemals gefragt hat. Schon alleine deswegen halte ich es für klüger, die Wellen mal nicht immer so hoch schlagen zu lassen. Nicht dass sich zwei Hunde beißen und der Hundefänger vorbeikommt und wir danach alle in die Röhre schauen und Liveries ala MSFS haben. Warum die so sind wie sie sind, hat sicher einen tieferen Sinn und Grund.

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