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Kostenloser Klassiker: Mit der Fokker F27 von Benoit Gaurant ist eine beeindruckende Freeware für den Microsoft Flight Simulator erschienen. Doch was steckt in dem Flugzeug mit seinen markanten Dart-Engines?

Eine Review von Gastautor Martin Brænne.

Turboprop-Fans aufgepasst: Mit der Fokker F27 Friendship hat Benoit Gaurant vor einigen Wochen ein echtes Freeware-Highlight veröffentlicht. Alten Hasen mag der Entwickler noch von seinem Airbus-A300-Panel für den FS9 bekannt sein. Dass er sein Handwerk nicht verlernt hat, stellt er jetzt mit der Fokker F27 unter Beweis.

Einige dürften den Release verpasst haben, denn er erfolgte ausgerechnet am 19. November, dem Tag, an dem fast alle gebannt das MSFS-2024-Server-Chaos verfolgten. Deshalb möchte ich mit diesem Review dazu beitragen, dass die Freeware-F27 die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient.

Verfügbar ist das Addon bei flightsim.to, vor kurzem ist auch schon ein Update auf die Version 1.1 veröffentlicht worden, die unterem anderem die Cargo-Version nachreicht sowie die Option, ein GPS ins Cockpit einzubauen. Die Installation erfolgt wie üblich problemlos, indem man das Paket aus der ZIP-Datei in den Community-Ordner kopiert.

Mit dabei sind zwei Liveries von Air Inter. Eine wachsende Zahl weiterer Liveries und ein Simbrief-Profil finden sich auf flightsim.to. Eine Besonderheit: Sowohl das gut gemachte Handbuch als auch das Panel gibt es neben der englischsprachigen Version auch auf Französisch. Offiziell unterstützt das Addon bisher nur den MSFS 2020, es soll aber auch im MSFS 2024 funktionieren – bei meinen Tests traten dabei allerdings Grafikfehler auf.

Reales Vorbild

Zunächst ein paar Worte zur Fokker F27 selbst. Da weltweit nur noch wenige Exemplare fliegen – zu den genauen Zahlen findet man auf Wikipedia widersprüchliche Angaben – wird nicht jeder mit diesem Muster vertraut sein. Die F27 ist eine zweimotorige Turboprop, die als Regional-Airliner und Frachtflugzeug konzipiert war. In ihren verschiedenen Varianten kann sie bis zu 56 Passagiere aufnehmen, bewegt sich aus moderner Sicht also etwa im selben Segment wie eine ATR 42 oder DHC-8-300.

Der Erstflug war bereits 1955, ihre Blütezeit hatte die F27 von den Sechzigern bis in die Neunziger. Gebaut wurden 581 Stück, dazu noch einmal 201 Stück als Lizenzbau Fairchild F27 und Fairchild-Hiller FH-227 in den USA. Die F27 gab es in verschiedenen Varianten, als Passagier-, Fracht- und Kombiversion mit verschiebbarer Trennwand. Daneben gab es diverse militärische Varianten, die unter anderem als Frachter, Truppentransporter, Absetzflugzeug und Aufklärer eingesetzt wurden. Das Addon bildet die Passagier- und Frachtversion der F27-500 nach; das ist die längste Variante, die diesseits des Atlantiks gebaut wurde (die Fairchild FH-227 war noch einmal einen knappen halben Meter länger).

Die F27 kann auf eine breit gefächerte Einsatzgeschichte zurückblicken. Sie flog überall auf der Welt, unter anderem bei Aer Lingus, KLM Cityhopper, Air France, Air Inter, Condor, LTU, Braathens, Pakistan International Airlines, Ansett, Air New Zealand, dazu allein in den USA bei über 30 verschiedenen Airlines. Bei FedEx war die F27 noch bis 2009 im Dienst. Sobald ein entsprechendes Repaint verfügbar ist, kann man sich also die F27 in Memphis neben die MD-11 aufs Vorfeld stellen, ohne Abstriche an den Realismus.

 Nur zwei der etwa 50 Repaints, die bereits auf flightsim.to verfügbar sind

Außenmodell

Anders als viele Turboprops ihrer Ära ist die F27 als Schulterdecker ausgelegt. Sie ähnelt damit eher späteren Entwürfen wie der Dash 8 oder der ATR und sieht bis heute erstaunlich modern aus. Der unbedarfte Beobachter, der noch in den späten Nullerjahren die F27 im Routineeinsatz für FedEx sah, wäre wohl kaum darauf gekommen, dass dieses Muster seinen Erstflug nur 20 Jahre nach der DC-3 hatte – für die die F27 als Ersatz konzipiert war.

In der Gesamtansicht macht das Außenmodell eine gute Figur. Die Proportionen sind gut getroffen, die diversen Antennen, Lufteinlässe und Verkleidungen sind, soweit ich das beurteilen kann, alle vorhanden.

Die F27 in der Air-Inter-Livery von 1980

Wenn man weiter in die Details geht, sieht man, dass ein Ein-Personen-Freeware-Projekt doch auch irgendwo an Grenzen stoßen muss. Die Texturen sind relativ grob aufgelöst, Decals kommen nicht zum Einsatz, feinere Details, beispielsweise am Fahrwerk, sind nicht ausmodelliert. Wer Nieten zählen oder den genauen Verlauf der Hydraulikleitungen in den Fahrwerksschächten studieren will, wird hier nicht auf seine Kosten kommen.

Für mich ist es dennoch der richtige Kompromiss. Im Cockpit ist der Entwickler deutlich mehr in die Details gegangen, und dort werden die meisten virtuellen Piloten schließlich den Großteil ihrer Zeit verbringen. Manch ein Freeware-Projekt ist nie releast worden, weil sich die Entwickler schon beim Außenmodell verkünstelt haben und irgendwann keine Zeit oder Lust mehr für den Rest hatten.

Die niedrige Textur-Auflösung lässt sich allerdings mit Zeitmangel nicht wirklich erklären – es wirkt eher so, als ob das Projekt schon zu P3D-Zeiten begonnen wurde und die Texturen dann nicht mehr auf MSFS-Standard angepasst wurden. Die Community ist hier aber in die Bresche gesprungen, ein Mod liefert höher aufgelöste Texturen für das Außenmodell wie auch das Cockpit, und auch einige Repainter-Liveries arbeiten mit höher aufgelösten Texturen.

Air-Inter-Livery von 1968

Die Nachtbeleuchtung wirkt insgesamt stimmig, allerdings sind die Passagierfenster nachts völlig dunkel. Bei Start und Landung passt das, aber im Reiseflug sieht es doch ein bisschen eigenartig aus – vor allem, da die beiden Piloten im Cockpit durchaus durch einen schwachen Lichtschein erleuchtet sind. Sei’s drum.

Nachts brauchen die Passagiere Taschenlampen

Triebwerke

Nach unserem Walkaround bleiben wir noch einmal bei den Triebwerken stehen, denn die verdienen eine gesonderte Betrachtung. Es handelt sich um Rolls-Royce Dart Triebwerke, wie sie unter anderem auch in der Vickers Viscount und der Hawker Siddeley HS 748 zum Einsatz kamen.

Anders als die meisten modernen Turboprop-Triebwerke hat das Dart keine “Free Power Turbine”, also eine separate Turbine, die nur den Propeller antreibt. Stattdessen treibt eine einzige Turbine Kompressor und Propeller an. Das bedeutet zwangsläufig, dass sich bei geänderter Leistungseinstellung auch die Propellerdrehzahl ändert.

Das Rolls-Royce Dart

Das Dart hat noch weitere Besonderheiten. Es verfügt über eine Wasser/Methanol-Einspritzung, um die Startleistung zu erhöhen. Dabei wird in die erste Kompressorstufe ein fein verstäubtes Wasser-Methanol-Gemisch eingespritzt, das durch Verdunstung die komprimierte Luft abkühlt, bevor sie in die Brennkammer gelangt. Dies erlaubt es, bei derselben Luftmenge mehr Treibstoff hinzuzufügen und damit mehr Leistung zu erzeugen, bevor die maximale Turbineneintrittstemperatur (Turbine Gas Temperature, TGT) erreicht wird. Außerdem erhöht das Wasser-Methanol-Gemisch die Gesamtmenge an Gas, das die Turbine antreibt.

 Eine Dart-Besonderheit: Das Panel für die Wasser/Methanol-Einspritzung

Eine weitere Dart-Spezialität ist das “Fuel-Trim”-System. Dieses erlaubt es, bei gleicher Umdrehungszahl die Treibstoffmenge zu verstellen, die dem Triebwerk zugeführt wird. Beim Anlassen und beim Start muss der Fuel Trim passend eingstellt werden, um zu vermeiden, dass die TGT den Maximalwert überschreitet und die Turbine zerstört wird. Im Overhead befindet sich eine mechanische Rechenscheibe, mit der man in Abhängigkeit von Temperatur und Druckhöhe den richtigen Fuel-Trim-Wert ermitteln kann. Von FADEC keine Spur – wer hier nicht aufpasst, darf der Airline erklären, weshalb sie jetzt zwei neue Triebwerke bestellen muss.

Bedienelemente für die Einstellung des Fuel Trim

All diese Besonderheiten des Dart sind in der Simulation umgesetzt. Benoit Gaurant muss dabei zum Teil in die Trickkiste greifen, denn ein Fuel Trim kennt der MSFS von Haus aus nicht. Stattdessen werden im Hintergrund die Variablen für Leistung und Gemisch manipuliert, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Also aufpassen: Wenn eine Hardware-Achse für die Gemischverstellung zugewiesen ist, kann das hier zu Konflikten führen. Wenn man das beachtet, reagiert das Triebwerk aber wie erwartet auf die jeweiligen Einstellungen.

In den Optionen kann man einstellen, ob es bei Überschreitung der maximalen TGT zu einem Triebwerksschaden kommen soll. So sehr ich das Triebwerk aber auch gequält habe, ich habe es nicht kaputt bekommen, auch bei großer Dichtehöhe und Fuel Trim auf 100%. Möglicherweise gibt das das MSFS-Turboprop-Modell einfach nicht her; ich frage mich nur, weshalb es dann überhaupt die Option für einen Triebwerksschaden gibt, wenn man ihn nicht auslösen kann.

Hervorheben möchte ich die ausgezeichneten Triebwerkssounds. Gerade bei Turboprops ist für mich die Geräuschkulisse enorm wichtig für die Immersion. Hier enttäsuchen nicht nur viele Default-Flieger, sondern auch einige Payware-Addons. Nicht so die F27. Die Sounds sind über den gesamten Drehzahlbereich authentisch und wuchtig, mit der Turboprop-typischen Mischung aus heulender Turbine und dröhnendem Prop. Nur der Sound beim Abstellen überzeugt nicht ganz; statt langsam herunterzulaufen, wird der Triebwerkssound relativ abrupt ausgeblendet. Vermutlich fehlten dem Entwickler hier einfach die entsprechenden Tonaufnahmen.

Cockpit

Sehen wir uns die F27 jetzt von innen an. Ein detailliertes Kabinenmodell gibt es nicht, deshalb geht es gleich ins Cockpit.

Das Cockpit in der Gesamtansicht

Wie zu erwarten ist die F27 ein klassischer “Uhrenladen”. Das Hauptpanel beherbergt das Übliche: In gewohnter Anordnung Fahrtmesser, Höhenmesser, Vario, ADI (“künstlicher Horizont”), HSI, RMI, dazu die Triebwerksinstrumente.

Das Panel des Kapitäns

Das Overhead ist aus heutiger Sicht ungewöhnlicher aufgebaut: Auf mehrere Panels aufgeteilt erstreckt es sich über die vorderen 180 Grad der Cockpitdecke. Das Layout unterscheidet sich ebenfalls von dem, was man aus modernen Fliegern gewohnt ist, aber es ist logisch aufgebaut, und man findet sich schnell zurecht.

Das Panorama-Overhead der F27

Der Autopilot kann gerade genug, dass man allein im Cockpit immer noch gut zurechtkommt: Heading Select, VOR und ILS Tracking, Pitch Hold, Airspeed Hold, Altitude Hold. Ein Altitude Preselect gibt es nicht – man muss daran denken, bei Erreichen der gewünschten Höhe auf “Altitude Hold” zu drücken. Wer auf den Passagierkomfort achtet, senkt vorher langsam mit dem Pitch Wheel die Nase, um den Leveloff sanfter zu gestalten. Alte Schule eben.

Autopilot-Bedienpanel auf dem Pedesta

Seit dem Update auf die Version 1.1 kann man optional ein GNS 530 in das Cockpit einfügen. Das ist allerdings nur bei solchen Liveries möglich, die diese Option explizit vorsehen – und bis alle Repainter ihre Liveries entsprechend nachgerüstet haben, wird es wohl etwas dauern. Irgendwie wirkt ein GPS in dem 50er-Jahre-Cockpit aber auch wie ein hineingebastelter Fremdkörper. Ich finde, am schönsten und authentischsten fliegt man die F27 mit klassischer VOR-, NDB- und ILS-Navigation. Nur – heutzutage ohne RNAV in Europa unterwegs, geht das denn überhaupt? Dazu später mehr.

GNS 530 in der F27: Fremdkörper oder Must-Have?

Da ein EFB in diesem Cockpit ebenfalls ein Fremdkörper wäre, befinden sich stattdessen in den Seitentaschen des Pedestals zwei Heftchen. Hier kann man Ground Services steuern, Failures ein- und ausschalten, sowie Fuel Trim, Start- und Landegeschwindigkeiten bestimmen. Das fügt sich in das übrige Cockpitambiente ein und funktioniert gut. Eine Pushback-Funktion gibt es ebenfalls; man aktiviert sie, indem man den Schnapskompass anklickt.

Statt EFB: “Heftchen” für Ground Services, Performance und mehr

Das Cockpitmodell ist solide, wenn auch sicherlich nicht erste Liga. Wer ein 3D-Modell auf dem Niveau von Fenix oder Black Square erwartet, wird enttäuscht sein. Beschriftungen sind teils etwas unscharf, manche Texturen könnten höher aufgelöst sein. Andererseits: Gerade die Bereiche, auf die man im Flug am meisten schaut, sind durchgehend sehr schön umgesetzt. Der ADI beispielsweise wirkt herrlich plastisch und trägt dazu bei, dass das Handfliegen eine wahre Freude ist – wie es für einen Airliner dieser Generation angemessen ist. Und das Wichtigste: Der Charakter des Cockpits ist stimmig. So fühlt sich ein Piloten-Arbeitsplatz an, der in den Fünfzigern entworfen wurde.

Klassisches analoges “Sixpack”. ADI und HSI glänzen mit Details.

Der größte Teil der Geräte und Schalter funktioniert, aber nicht alle. Durchaus verständlich, dass Wetterradar und Flight Data Recorder nicht funktionsfähig sind. Überraschend hingegen, dass man am Transponder zwar einen Code rasten, nicht aber den Modus einstellen kann. Der entsprechende Knopf lässt sich noch nicht einmal drehen – das wirkt fast, als ob es einfach vergessen würde. Vielleicht rüstet ein Upgrade dieses Feature ja nach. Wer die F27 online fliegen will, kann den Transpondermodus aber auch einfach im Piloten-Client einstellen.

Die Cockpitbeleuchtung ist gut umgesetzt, es stehen ein weißes und ein rotes Dome Light zur Verfügung sowie Drehregler, mit denen sich die Beleuchtung der einzelnen Panels einstellen lässt. Auf Nachtflügen kommt so eine schöne Stimmung auf. Einziges Manko: Unrealistischerweise leuchtet der Beacon das Cockpit aus. Schon auf Tagflügen ist das zu sehen; bei Nacht blitzt es im Cockpit grell rot, was auf die Dauer sehr ablenkend ist. Hoffentlich kann das in einem Update behoben werden. Bis dahin behelfe ich mir damit, dass ich den Beacon zumindest auf Nachtflügen ausgeschaltet lasse.

Nachtstimmung in der F27

Wie fliegt sie sich?

Es wird Zeit, in die Luft zu kommen.

Unser Flug führt von Bern LSZB nach Nürnberg EDDN, gewählt habe ich dafür die Livery der Balair. Ich weiß nicht, ob diese Strecke in der Realität von der F27 bedient worden ist, insbesondere von der Balair, aber sie passt gut zum Einsatzprofil. “As plausible as it gets.” Eine Distanz von etwas über 200 Meilen lässt eine Flugzeit von einer guten Stunde erwarten.

Auf dem Vorfeld in Bern

Ich will mich der Aufgabe stellen, die Strecke klassisch mit VOR-Navigation zu fliegen, zumal die Balair-Livery ohnehin noch nicht die GPS-Option unterstützt. Früher, im ehrwürdigen “Flight Assignment: ATP”, bin ich mir großem Vergnügen von VOR zu VOR getingelt, aber inzwischen habe ich Bammel, dass ich ohne RNAV ziemlich aufgeschmissen sein könnte. Auch wenn es im MSFS noch einige weitere attraktive Airliner ohne FMS gibt – etwa die Fokker F28 oder die BAe 146 – bin ich dieser Kategorie von Addons bisher aus dem Weg gegangen. Zeit, über meinen Schatten zu springen.

Die Flugplanung geht leichter als befürchtet von der Hand. Der Router in Simbrief bietet eine Option, um VOR-only zu planen, und schlägt als Route LSZB WIL NUB EDDN vor. Das Leg zwischen WIL und NUB ist mir mit 188 Meilen aber ein wenig zu lang, deshalb verwende ich die Low-Altitude-Enroute-Chart in Navigraph, um weitere geeignete VORs auf der Strecke zu suchen, und finde TGO und DKB. Als Route ergibt sich damit:

LSZB WIL TGO DKB NUB EDDN

Die Route validiert sogar einwandfrei – Free Route Airspace sei dank, vermute ich. VORs gibt es also auch heute, wo RNAV König ist, noch genügend, und da GPS-Jamming immer mehr zum Thema wird, dürfte das auf absehbare Zeit auch noch so bleiben.

Mit den An- und Abflügen wird es schon etwas schwieriger. Bern hat keine non-RNAV-SIDs, also schummele ich und plane den Missed Approach des ILS 14, um zum WIL VOR zu gelangen. Beim Anflug auf Nürnberg gibt es keine Probleme — NUB ist ein IAF, und von dort kann man die ILS-Anflüge in beide Richtungen ganz klassisch prozedural mit Radio-Navigation abfliegen.

Die F27 ist schnell vorbereitet und angelassen. Die Systeme sind nicht sonderlich komplex, und das Checklisten-System des MSFS hilft die ersten Male dabei, die entsprechenden Schalter und Hebel zu finden, danach werden die Flows schnell zur Gewohnheit.

Cleared for takeoff

Der Start erfolgt mit voller Leistung bei 15.000 rpm. Nach dem Abheben sollte man die Nase nicht zu steil nach oben ziehen; stattdessen baut man zunächst in einem flachen Steigflug Geschwindigkeit auf, damit man die Klappen einfahren kann, die relativ viel Widerstand erzeugen. Danach reduziert man die Drehzahl auf 14.200 rpm und schaltet die Wasser/Methanol-Einspritzung ab. Die Geschwindigkeit für den Steigflug beträgt gemächliche 138 Knoten, das ergibt eine Steigrate von etwa 1000 fpm. In der F27 geht nichts besonders schnell, aber so kommt trotz des geringen Automationslevels kein Stress auf. Das Radial 222 von WIL intercepte ich per Hand – das werden reale Crews vermutlich auch so gemacht haben. Danach übergebe ich die Steuerung dem Autopiloten. Dieser hält Kurs und Geschwindigkeit präzise und macht angenehm sanfte Steuereingaben.

Die Dienstgipfelhöhe beträgt 25.000 Fuß, aber voll beladen sollte man nicht mit viel mehr als 20.000 Fuß planen. Auf meinen Flügen hatte ich hier noch 200 bis 300 Fuß Steigrate, und das im Winter. Für den Reiseflug lässt man die Leistung einfach bei 14.200 rpm stehen und lässt den Flieger entsprechend Fahrt aufnehmen.

Im Steigflug

Die VOR-Navigation macht Spaß. Weil ich am Boden nicht erst das FMC füttern musste, bin ich deutlich schneller in die Luft gekommen, dafür habe ich im Flug etwas zu tun und schaue nicht nur zu, wie der Flieger von selbst die Route abfliegt.

Den Top of Descent muss man natürlich selbst bestimmen, aber die eins-zu-drei-Regel haben wir doch drauf, oder? Zum Sinkflug reduziert man die Leistung auf 11.000 rpm und erhöht die Fahrt auf 200 Knoten – Turboprop-typisch ist das die schnellste Flugphase.

Im Anflug auf Nürnberg

Vom NUB VOR geht es auf Kurs 082 in den Teardrop und dann rechts herum auf das ILS Z 28. Und hier schlägt mir der Autopilot dann doch noch ein Schnippchen. Laut den ungewöhnlichen, aber logisch gestalteten Status-Symbolen folgt er dem Gleitpfad, aber als ich kurz abgelenkt bin und dann zurückschaue, bin ich mehr als einen „Punkt“ unter dem Gleitpfad. Zeit, den Autopiloten abzuschalten und den Anflug von Hand fortzusetzen. Und selbst fliegen ist in der F27 ein Genuss — sie liegt stabil in der Luft, hält im Anflug wunderbar die Geschwindigkeit, und ist allgemein sehr gutmütig und stabil in ihren Flugeigenschaften.

Bei meinen anderen Flügen folgte die F27 übrigens präzise dem Gleitpfad – wer weiß also, weshalb es diesmal nicht geklappt hat. Auch in der Realität sind ältere Autopiloten dafür bekannt, dass man sie gut im Auge behalten sollte – letztlich war dieser Fehler also durchaus realistisch, auch wenn ich nicht glaube, dass er absichtlich so einprogrammiert wurde.

Aufsetzen und Ausrollen sind dann wieder ohne Überraschungen, am Boden ist die F27 angenehm wendig und lässt sich gut auf enge Außenpositionen manövrieren, die Turboprops oft zugewiesen werden.

Nach der Landung ist Busfahren angesagt

Fazit

Es macht einen Riesenspaß, die F27 ganz ohne Computer von A nach B zu bewegen. Diese Turboprop hat viel Charakter, den das Addon gut vermittelt, nicht zuletzt durch die wunderbaren Triebwerkssounds.

Mein Herz schlägt für Turboprops, aber ich war bisher eher auf die neuere Generation eingeschossen: die Dash 8, die ATR, auch die Saab 340 (wer erinnert sich noch an die Umsetzung von LES im X-Plane?). Die F27 war mir lange Zeit kaum ein Begriff – “alter Hobel von anno dazumal”, mehr wusste ich nicht dazu. Dass Benoit Gaurants Addon jetzt meine Begeisterung für dieses Muster entfacht hat, sagt eigentlich schon alles darüber, wie gut es gemacht ist.

Darf man bei Freeware auch Kritikpunkte nennen? Ich finde ja, deswegen habe ich das in diesem Review auch getan – gerade weil die wenigen kleinen Mankos unterstreichen, wie großartig dieses Addon ansonsten ist.

Ich werde definitiv noch viele kurze Regionalflüge in der F27 machen. Unter anderem habe ich Norwegen dafür im Auge — dort gibt es ja so einige Regionalflughäfen, um die langen Distanzen über die zerklüftete Landschaft zu überwinden.

Zuletzt die Frage: Kann man sie denn auch ohne das Behelfs-GPS in Online-Netzwerken bewegen? Ich habe es noch nicht probiert, aber nach allem, was ich im Netz lese, sind die meisten Controller gern bereit, ein paar Zugeständnisse für non-RNAV-Flieger zu machen, auch wenn das in der realen Welt nicht mehr alles 100%ig legal wäre. Falls Ihr diesbezüglich Erfahrungen habt, schreibt sie bitte in die Kommentare!

Die F27 ist einer der besten Freeware-Flieger, die ich für den MSFS 2020 kenne. Wem es Turboprops angetan haben – und wie könnte einen dieser einzigartige Soundteppich aus Dröhnen und Sirren kalt lassen – dem kann ich nur empfehlen: Unbedingt ausprobieren!

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3 Kommentare
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Sebastian
Team
Sebastian
1 Tag zuvor

Wow! Klasse Review! Vielen Dank Martin!!!

Thomas
Thomas
1 Tag zuvor

Sauber – schön dargestellt! Danke Martin

Markus F.
Markus F.
1 Tag zuvor

Sehr schön geschrieben!

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