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Ach ja, das Wetter. Schön heute, nicht? Oder doch? Es gibt vielleicht kein Thema auf der Welt, das besser einen gepflegten Small-Talk füllen kann als Gerede übers Wetter. Und es gibt keine Kraft in der Natur, die besser die tägliche Wahl unserer Kleidung dominieren kann. Sobald wir aus dem Fenster schauen, sehen wir es. Wolken, Regen, Sonne, Licht, Schatten. Wir sind vielleicht nicht alle Meteorologen. Aber wenn es in einem Simulator um die Imitation der realen Welt geht, sind wir ungewollt Experten, das Wahrgenommene als Wahrheit oder Fake zu erkennen.

Der Microsoft Flight Simulator bietet mit meteoblue von Haus aus einen Partner, der akkurates Wetter auf der ganzen Welt verspricht. Dynamisch, in Echtzeit, vom Server in den Simulator. Doch seit Samstagabend gibt es mit REX Weather Force 2020 ein Addon, das eine bessere Alternative bewirbt. Ein eigenes Tool. Mit eigener Dynamik. Doch was kann das Addon? Und was bedeutet „besser“?

Legen wir los. REX Weather Force 2020 hat eine Mission: Es soll akkurates Wetter in den Microsoft Flight Simulator bringen, basierend auf METAR-Daten. Keine Texturen. Keine Shader. Nur Daten. So einfach das Tool vom Interface sein soll, so kompliziert ist erstmal die Beschaffung: Bezahlen, Serial kopieren, die Dateien mit umständlichem Tool vom Server laden, Installer ausführen und dann das REX-Weather-Force-Tool starten. So gestaltet sich die erste Reise in externe Wetterwelten. Auch wenn es jedem nach nur 3-Sekuden VHS-Computerkurs möglich sein sollte, diese Installation auszuführen, ist der Prozess an sich doch unnötig kompliziert und umständlich.

Danach wird es simpler. Man stelle das Wetter des Microsoft Flight Simulator auf Clear, verbinde REX per grünem Button und injiziere das Wetter: Tataaa, jetzt soll das originale NOAA-Wetter den Weg in den Sim finden. Mit 8 Updates pro Stunde. Versprechen die Macher zumindest.

Doch damit nicht genug. Ist man erst mal losgeflogen, sollen Wetteränderungen- und wechsel dynamisch stattfinden. “Die REX-Entwickler haben mit Vorsicht einen Glättungsmechanismus eingebaut, der Wetteränderungen geschmeidig macht“, bewerben die Entwickler ihr Tool. Natürlich habe man als Nutzerin oder Nutzer noch die Möglichkeit, die Geschwindigkeit und Dynamik dieses Wechsels zu beeinflussen. „Adjust Weather Transition Rates“ heißt hier der Schiebregler, der von den Simpiloten in den wenigen Einstellungen angepackt werden kann.

Also nochmal in anderen Worten: Wenn REX neues Wetter vom Server zieht und feststellt, dass ich mich virtuell fliegend eigentlich gar nicht mehr im Kaiserwetter sondern in der Suppe befinde, sollen mir mit dem Glättungsmechanismus nicht einfach Gewittertürme vor den Propeller geknallt werden. Die neuen Wolken sollen quasi langsam, glatt, geschmeidig, samtig sanft in den Flight Simulator wandern.

Wer ein Abenteuer sucht: REX bietet eine Suchfunktion

Um diesen ganzen Versprechen, die ich REX für 22 US-Dollar per paypal abgekauft habe, auf den Grund zu gehen, stürze ich mich in eine kleine Weltreise. Ich wähle verschiedene Ort auf der Welt und gehe dort immer gleich vor:

  • Erst betrachte ich den lokalen METAR, den es auf diversen Seiten im Internet gibt
  • Dann begutachte ich das injizierte Wetter von REX.
  • Und dann lade ich zum direkten Vergleich das meteoblue-Hauswetter des MSFS.  

Fangen wir mal in der Sonne an. Kairo. Pyramiden, Bazar, Sonne, Sand. Ich stelle mich auf den Flughafen (HECA) und werfe den Sim an. So wie es im REX-Handbuch steht. Danach starte ich Weather Force und verbinde das Tool mit dem Sim. (Übrigens: Hier wird einem per Popup jedes Mal noch aufdringlich der Verbindungsprozess erklärt. Ok REX, rechnet ihr mit dem MSFS jetzt auf einmal mit dümmeren Leuten? I feel offended!) REX Weather Force verbindet sich, impft den Sim und nach wenigen Sekunden ist das Wetter im Sim angekommen. Wolken? Erm ja, ich Idiot… Dafür ist Kairo nicht gerade die beste Wahl zum Testen. Denn davon gibt es in Ägyptens Hauptstadt heute mal wieder keine. Aber egal, gerade in hochhitzigen Breitengraden sind Temperaturen und Wind nicht nur fürs Abheben von großer Bedeutung. Und hier die erste mini Ernüchterung: Auch wenn REX im eigenen METAR-Streifen 24° Celcius predigt, redet es im Sim nur von 14 Grad – gemessen mit der OAT-Anzeige der Standard-Cessna. Das meteoblue-MSFS-Wetter ist hier besser: 26° sind es damit im Sim.

Die Reise geht weiter nach Heathrow. Starke Böen mit Overcast auf 2900 Fuß – das klingt doch auch visuell nach einer guten Teststrecke. Und siehe da: Das Wetter von REX kann sich sehen lassen und wirkt optisch richtig. Wo meteoblue flauschige Lücken-Wölkchen trotz OVC im METAR hinzeichnet, schließt REX das Licht mit einer Wolkendecke aus.

Heathrow

Weiter nach Frankfurt. 9 Grad. Die Frisur sitzt. Auch wenn die Sim-Temperatur wieder 5° Celcius über der REX-Versprechung liegt, ist das dargestellte Wetter optisch fast schöner als das meteoblue-Wetter. Die Interpretation des METAR-Streifens scheint hier genauer zu sein als das, was meteoblue zu bieten hat. Zumindest optisch.

Frankfurt

Jetzt gehen wir mal in den Osten. Almaty, Hochgebirge. 11 Grad Celcius von REX, 10 Grad Celcius im Sim, Wind mit 4 Metern pro Sekunde aus dem Westen. Die Frisur sitzt immer noch. Jetzt zeichnet REX lückenhafte Wolken, meteoblue wirkt auf einmal imposanter und schöner. Beide Quellen scheinen aber die METAR-Daten korrekt darzustellen.

Almaty

Doch was ist jetzt realistisch? Ich missbrauche den Kontakt zu diversen kommerziellen Piloten und präsentiere ihnen per Whatsapp die drei oben gezeigten Vergleichsbilder. 2 von 3 Punkten gehen dabei tatsächlich an REX. Bam, Pilotenmeinung. Die Götter haben gesprochen.

Es geht weiter. KJFK, RJTT, YSSY und TBPB – egal wo ich mich hinstelle: REX übersetzt den METAR-Streifen in eine optische überzeugende Darstellung. Es gibt Wolkenschichten, Atmosphäre und Co. Die korrekte Außentemperatur in den Sim zu bringen, scheint dabei allerdings eine Kunst für sich zu sein.

Ok. So viel zum Wetter am Platz. Jetzt gehen wir fliegen. Dafür wähle ich zwei Test-Orte. Einmal den mittleren Westen der USA, denn hier gibt es viele Flugplätze und somit viele METAR-Daten.
Und dann wähle ich Sir Lanka, hier gibt es weniger Wetterstationen, die METARs produzieren können.

Ganz ehrlich: Mit REX muss man sich im Flug zwischen Pest und Cholera entscheiden. Das Programm bietet die Möglichkeit, in den Programmeinstellungen zu definieren, wie oft REX neues Wetter in den MSFS schicken soll. Ich wähle 10 Minuten. Standardwert. Und dann muss man wählen, wie es das neue Wetter in den MSFS schicken soll. Entweder zack-bumm-peng auf einmal oder mjoa-mhm-so-langsam-mal mit gemäßigtem Übergang. Ich stelle fest: Uff! Der Instant Load erinnert mich an gute FS2002-Tage, wenn mit einem Schnipser die komplette Wolkenkulisse ausgetauscht wurde. Die Transition-Möglichkeit dagegen ist optisch schon fast beeindruckend: Es wirkt, als würde Petrus selbst eine unfassbar große Dose Rasierschaum ins Firmament drücken. Wolken entstehen aus dem Nichts.
Wow.
Psychedelisch!
Die Bildwiederholrate wandert dabei zu allem Überfluss in den einstelligen Bereich.
Und ich bin nicht allein. Das REX-Forum, das jetzt nur noch ein Discord-Server ist, ist voll von ähnlichen Beobachtungen diverser Weather-Force-Neukunden.

Well….

Zeit für einen Ortswechsel: In Sri Lanka starten wir in Anuradhapura (VCCA) für einen Insel-Rundflug. REX offenbart jetzt seine Schwäche: Mangels METAR-Daten zieht sich das Programm das Wetter vom nächstgelegenen Airport Colombo (VCBI). Dieser liegt aber über 70 nautische Meilen von Anuradhapura entfernt. In anderen Worten: REX bietet mir in Anuradhapura zwar ein schönes Wetter zum Ansehen – ob es akkurat ist, lässt sich hier aber nur erahnen.

Zu guter Letzt noch der finale Test, ab auf die Dachterrasse. Ich richte mein Handy gegen Osten und knipse den Himmel nördlich von Stuttgart. Danach stelle ich die Ansicht im Sim mit REX und meteoblue nach. Und…naja….hier weiß ich immer noch nicht, wer das Rennen macht.

Spiel und Wirklichkeit, nördlich von Stuttgart.

Der Unterschied zwischen MSFS und REX kann auch mal überraschend sein. Wie hier in KHOW.

Was bleibt, ist die Frage: Warum 22 Dolar für Weather Force 2020 ausgeben? Das Programm macht nichts anderes, als METAR-basiertes Wetter in den Sim zu hauen. Und fürs virtuelle Unterwegs bekommt man noch einen frame-fressenden Transition-Prozess dazu. Welche Quelle soll man also nutzen? meteoblue, die das Wetter global betrachten und vielleicht optisch nicht immer so beeindrucken wie REX; oder REX, die dem Sim im 10 Minuten-Rhythmus globale METAR-Dateien injizieren?

Mein Urteil: REX ist für alle, die am Flughafen auch das Wetter haben wollen, wie es im METAR steht. Optisch akkurat und empfunden korrekt. Doch darf man dabei nicht vergessen: Auch der METAR ist nur eine Momentaufnahme. Und zwar von der Stelle, wo der Airport sich befindet. Die Lücken zwischen den Airports, gerade in unbesiedelten Flecken der Erde kann REX nicht wirklich abbilden. Und hier punktet das FS-Hauswetter: meteoblue deckt den ganzen Planeten ab. Egal wo und wann man sich befindet. Wer tolle Screenshots machen will, wähle REX. Wer Wetter als dynamisch empfindet, das auch mal nicht so wie in der Vorhersage sein muss, der ist mit dem Hauswetter bestens bedient. Und 22 Dollar reicher. Kaufempfehlung?

Nein.

Denn königlich ist dieses Addon leider nicht. Auch wenn REX draufsteht. 

REX Weather Force 2020

Das erste kostenpflichtige Wetter-Addon für den Microsoft Flightsimulator gibt es für 21,95$.
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13 Kommentare
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simmershome
simmershome
4 Jahre zuvor

Auch wenn man vieles noch braucht, aber REX braucht man ganz bestimmt nicht.

Andi
Andi
4 Jahre zuvor

Schön zu lesende und gute Zusammenfassung. Danke 🙂
Ich sehe es in der Zusammenfassung ähnlich. Mit dem MSFS kommt nun mal ein Standard-WX-System daher, von dem ich im P3d nur geträumt hab. Endlich gescheite Obergrenzen und glaubwürdige Vereisungsszenarien!! Die Kinderkrankheiten sind sicherlich bald Geschichte und bis dahin kann man ruhig die Füße stillhalten. Was dem ganzen das Sahnehäubchen verpassen würde wäre eine METAR-Einbindung, die nicht ersetzend sondern verbessernd wirkt. Gerade in den kälteren Monaten werden wir ohne METARS oft Differenzen zu dem beonbachteten Wetter feststellen, da ALLE Wettermodelle besonders in der Grenzschicht (Überganz Boden-Atmosphäre) ihre Problemchen haben und oft die Nebelvorhersage in die Hose geht. und das was wir im Simulator sehen ist nun mal “nur” die Vorhersage mit dem meteoblue-hausmodell als Datengrundlage. Aber mich würde es nicht wundern, wenn in irgendeinem Keller einer daran tüftelt… Bis jetzt haben mit die Community und auch die professionellen Entwickler am MSFS jedenfalls äußerst positiv überrascht.

Armin
Armin
4 Jahre zuvor

Das ging ja sehr flott mit eurem Test. Das Geld habe ich mir gespart. Vielen Dank!

Dreamliner
Dreamliner
4 Jahre zuvor

Hallöchen nach Stuttgart, vielen Dank für dieses tolle und objektive Review. Damit bin ich dann eher bestätigt das Geld zur Seite zu legen und zu warten was noch so für den FS2020 kommt.
Btw…es macht unheimlich viel Freude dir beim Podcast zu lauschen…könntest durchaus ins Radio mit deiner Stimme 🙂
Einen entspannten Wochenanfang gewünscht

Thomas-NUE
Thomas-NUE
4 Jahre zuvor

Wow MSFS kann also auch kein Overcast. So wie FS9, FSX und P3D. Ich finde das ist mit einer der größten Immersions-Killer.

ChrisS
ChrisS
4 Jahre zuvor

Danke, da bin ich erst einmal mit dem MSFS-Wetter zufrieden, welches ja wirklich besser als alles das, was ich bisher im P3D oder FSX gesehen habe, ist. Vielleicht bekommt HifiSim zukünftig eine Chance.

Thomas
Thomas
4 Jahre zuvor

Guter Bericht, danke!
Ich denke, was dem MSFS – und den Nutzern – in erster Linie fehlt, ist die Möglichkeit, die im Sim vorhandenen Wetterdaten für die Flugplanung abzurufen, am besten im METAR Format. Nur weil uns dafür bisher nur die Realdaten zur Verfügung stehen, hat REX überhaupt eine Chance mit dem Produkt.
Denn für mich gibt es einen Paradigmenwechsel von FSX/P3D zu MSFS: Bisher hatten wir Tools, die das Wetter in den Sim mehr oder weniger akkurat (auch ein METAR mit CAVOK kann eine geschlossene Wolkendecke bedeuten, wenn sie oberhalb 5000ft. vorhanden ist) injizierten. Jetzt haben wir Wetter im Sim und benötigen (nur) noch die Tools, die Daten für jeden beliebigen Ort zu lesen. Dann spielt es auch keine große Rolle mehr, ob es genau so wie beim Blick aus meinem Fenster aussieht. Und da die generelle Richtung beim Meteoblue-Wetter zu stimmen scheint, sollte das auch für Online-Flüge kein Problem darstellen.

antoine
antoine
4 Jahre zuvor

Super Bericht 🙂 Vielen Dank und Daumen ganz klar nach oben !

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